Special: Brennereien in Zeiten der Corona-Krise

Die fortschreitende Verbreitung des Coronavirus fordert von den Menschen nicht nur im alltäglichen Miteinander mehr Solidarität und Rücksichtnahme ab, sondern veranlasst nun auch Brennereien weltweit aktiv zu werden. Zahlreiche kleine wie große Destillerien melden die Umstellung ihrer Produktion auf Desinfektionsmittel respektive die Zurvefügungstellung ihres Alkohols für medizinische Zwecke. Aber: Dahinter steckt auch die Not, denn vielen Brennereien ist der Absatz weggebrochen. In Zeiten der Corona-Krise fallen nicht nur bekanntermaßen die Gastronomen und Barbetreiber als Kunden weg, auch Endverbraucher wenden sich von Genussmitteln ab. Die Hoffnung aller liegt in einer schnellen Beendigung der Krise und in einer raschen Rückkehr zur Normalität.

Deutsche Spirituosen Manufaktur
Bild: Deutsche Spirituosen Manufaktur
Deutsche Spirituosen Manufaktur

„Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen“, so Tim Müller, Geschäftsführer der Deutschen Spirituosen Manufaktur in Berlin. Denn er und sein Miteigentümer, der Apotheker Dr. Konrad Horn, haben sich kurzerhand entschieden, ihre Bestände an reinem 96-prozentigen Ethanol für die Produktion von Händedesinfektionsmitteln nach WHO-Standard zu verwenden. Unabhängig von den tausenden Flaschen, die an Altenheime gespendet werden sollen, hoffen die Eigentümer durch den Verkauf an Endverbraucher den Erhalt der Manufaktur zu sichern. Angeboten wird das Händedesinfektionsmittel für 10,95 Euro je 0,1-l-Flasche online im Webshop oder ab dem kommenden Freitag im Store der Manufaktur.

Bodega González Byass
Bild: Spirituosen-Journal.de
Bodega González Byass

Die spanische Bodega González Byass hat ihre Produktionsstätten und ihre Teams in Chinchón in der Region Madrid und in Jerez de la Frontera in der Provinz Cádiz sowie der Bodega Las Copas in Tomelloso in der Provinz Ciudad Real der spanischen Regierung zur Verfügung gestellt, um hydro-alkoholisches Gel und Sanitätsalkohol zu produzieren.

Penninger
Bild: Penninger
Penninger

„Eigentlich sind wir nicht dazu da, um Neutralalkohol zur Herstellung von Desinfektionsmittel abzufüllen… aber es ist eben zur Zeit alles anders“, erklärt geschäftsführender Gesellschafter Stefan Penninger, der gerade mit der Produktion an den neuen Standort von Penninger nach Waldkirchen umgezogen ist. Erste Kanister Ethanol wurden bereits an Apotheken und Krankenhäuser herausgegeben. Er ergänzt: „Wir stehen zur Verfügung – zur Not, bis nix mehr da ist, und ab dann muss das Whisky-Rohdestillat ran.“

Bacardi Distillery
Bild: Bacardi
Bacardi

Bacardi hat einen Teil seiner Produktion dahingehend umgestellt, Ethanol zu liefern, das für die Herstellung dringend benötigter Händedesinfektionsmittel erforderlich ist. Den Plänen nach wird die Brennerei auf Puerto Rico, die für 80 Prozent der weltweiten Produktion des Familienunternehmens verantwortlich zeichnet, gemeinsam mit der nahen Olein Refinery mehr als 1,7 Mio. Händedesinfektionsmittel herstellen. Die erste halbe Million der 0,3-l-Flaschen wird bereits an Gemeinden der Region, Mitarbeiter und Geschäftspartner kostenlos ausgeliefert. Das Unternehmen plant, die Verteilung nächste Woche auf gemeinnützige Organisationen auszudehnen. „Dies ist ein Familienunternehmen und wir wissen, was es bedeutet, sich um eine bedürftige Gemeinde zu kümmern“, sagt Jose Class, VP, Supply Chain & Manufacturing, für Bacardi Lateinamerika und die Karibik. Nach Bedarf sollen weitere Flaschen produziert werden.

Kyrö Distillery Company
Bild: Kyrö Distillery Company
Kyrö Distillery Company

Auch die finnische Kyrö Distillery Company widmet sich nun der Herstellung von Händedesinfektionsmitteln. Die ersten Flaschen sollen Krankenhäusern, Altersheimen und Reinigungsdiensten vorbehalten sein. Früher oder später will man auch Händler und Endverbraucher beliefern können.

Schlitzer Destillerie
Bild: Schlitzer Destillerie
Schlitzer Destillerie

Die Schlitzer Destillerie im hessischen Schlitz liefert ihren Alkohol an Apotheken aus. Das Statement der Geschäftsführung lautet entsprechend: „Außergewöhnliche Situationen erfordern geistreiche Maßnahmen: Es besteht aktuell ein großer Mangel an Desinfektionsmitteln. Seit Mittwoch dürfen nun deutsche Brennereien Apotheken mit hochprozentigem Alkohol beliefern, die anschließend daraus dringend benötigtes Desinfektionsmittel für Kliniken, Pflege- und Altenheime herstellen. Auch wir in der Schlitzer Destillerie stellen so viel Alkohol den regionalen Apotheken zur Verfügung, wie es uns möglich ist.“

Mast-Jägermeister
Bild: Mast-Jägermeister
Mast-Jägermeister

Das Traditionsunternehmen Mast-Jägermeister aus Wolfenbüttel stellt dem Klinikum Braunschweig 50.000 Liter Ethanol zur Herstellung von Desinfektionsmitteln zur Verfügung. Schon vor zwei Wochen lieferte das Unternehmen als eine Art „Nachbarschaftshilfe“ einige Liter Alkohol an Wolfenbütteler Apotheker, die daraus Desinfektionsmittel für ihre Kunden herstellten. „Im Rahmen dieses Engagements haben wir verstanden, dass es an der Stelle offensichtlich einen hohen Bedarf gibt, so Florian Rehm, Sprecher der Unternehmerfamilie Mast.

Pernod Ricard
Bild: Pernod Ricard
Pernod Ricard

Gleich mehrere Brennereien und Tochterunternehmen von Pernod Ricard leisten einen Beitrag. In Frankreich spendet Ricard 70.000 Liter reinen Alkohols für die Herstellung von Händedesinfektionsmittel an Laborataire Cooper, einem der Marktführer für alltägliche Gesundheitsprodukte und führender Anbieter von hydroalkoholischen Gelen für Apotheken. Mit dieser Spende können in etwa 1,8 Millionen einzelne 0,05-l-Fläschchen hergestellt werden. Laboratoire Cooper hat sich verpflichtet, den Gegenwert der Spende an verschiedene Verbände des Gesundheitssektors zu spenden. In Schweden bietet die Destillerie von Absolut Vodka in großem Umfang Spirituosen zur Herstellung von Handdesinfektionsmitteln für das öffentliche Gesundheitswesen an. In den Vereinigten Staaten stellt Pernod Ricard’s Ft. Smith, Produktionsstätte und Brennerei in Arkansas für Rabbit Hole (Kentucky), Smooth Ambler (West Virginia) und TX Whiskey (Texas), Händedesinfektionsmittel her. Pernod Ricard Spanien und Irish Distillers haben angekündigt, dass sie ihre Produktionsanlagen, ihre Technik und ihr Personal in den Dienst der Behörden stellen werden, um Händedesinfektionsmittel herzustellen. In Deutschland spendet Black Forest Distillers, bekannt für Monkey 47, Alkohol an Apotheken für die Herstellung von Desinfektionsmittel.

Diageo
Bild: Diageo
Diageo

Mit bis zu zwei Millionen Litern reinen Alkohols will Diageo den Mangel an Desinfektionsmitteln bekämpfen. Die zahlreichen zu Diageo gehörenden Brennereien weltweit werden ihren Alkohol kostenfrei an Produzenten von Händedesinfektionsmitteln in betroffenen Ländern liefern. Großbritannien und Irland erhalten 500.000 Liter, Italien erhält 100.000 Liter, die USA bekommen 500.000 Liter, Brasilien erhält 50.000 Liter, Kenia kann sich über 135.000 Liter freuen, Indien bekommt 500.000 Liter und Australien erhält 100.000 Liter.

Schladerer Hausbrennerei
Bild: Spirituosen-Journal.de
Schladerer Hausbrennerei

Die Schladerer Hausbrennerei unterzeichnete am 24. März eine Kooperationsvereinbarung mit dem Universitätsklinikum Freiburg. Aus Lagerbeständen der Brennerei sollen schnellstmöglich 12.000 Liter hochprozentigen Alkohols gewonnen werden. Dazu werden Obstgeiste und andere Destillate erneut destilliert, um ihren Alkoholgehalt zu erhöhen. Anschließend verarbeitet das bayrische Unternehmen SAV Liquid Produktion die ehemaligen Edelbrände zu Desinfektionsmittel und liefert es an das Universitätsklinikum Freiburg sowie Apotheken und andere Kliniken der Region aus.

Henkell Freixenet
Bild: Henkell Freixenet
Henkell Freixenet

Das in Wiesbaden beheimatete Unternehmen Henkell Freixenet, bekannt nicht nur für diverse Wein- und Spirituosenmarken, sondern auch für Spirituosen wie Kuemmerling und Wodka Gorbatschow, leistet einen Beitrag zum Bekämpfen des Coronavirus und spendet dazu rund 50.000 Liter hochprozentigen Alkohols für die Produktion von Desinfektionsmittel. Der Alkohol stammt aus der Entalkoholisierung von Wein für die Herstellung von alkoholfreiem Sekt und aus der Spirituosenherstellung.

Lantenhammer
Bild: Lantenhammer
Lantenhammer

Am 24. März hat die Lantenhammer Destillerie in Hausham nahe des Schliersees per Social Media verkündet, die ersten Liter reinen Alkohols für die Herstellung von Desinfektionsmittel abzufüllen. Seitens der Geschäftsführung heißt es: „Desinfektionsmittel ist in der aktuellen Corona-Krise ebenso knapp wie wichtig. Daher helfen wir, wo wir können. Nach einer Gesetzesänderung können wir Apotheken und anderen medizinischen Einrichtungen unseren Alkohol zur Verfügung stellen.“

Brown-Forman
Bild: Brown-Forman
Brown-Forman

Das US-amerikanische Unternehmen Brown-Forman, international vor allem bekannt für die American Whiskeys von Jack Daniel’s und Woodford Reserve, wird die Produktion von Desinfektionsmittel in den eigenen Destillerien sukzessive ausweiten, um neben der Versorgung der eigenen Produktionsstätten noch größere Mengen an lokale Organisationen zu spenden.

MBG Group
Bild: MBG Group
MBG Group

Die in Paderborn ansässige MBG Group hat Teile der Produktion zur Herstellung von Händedesinfektion umgestellt. Gemeinsam mit dem Paderborner Mediziner-Ehepaar Dr. Grimm Wiegand wurde ein entsprechendes Produkt entwickelt. Schon in den nächsten Wochen werden 10.000 Liter Desinfektionsmittel an Altersheime, Pflegeeinrichtungen sowie öffentliche Stellen gespendet. „Als erfahrener Hersteller und Vermarkter von diversen Spirituosen haben wir gemeinsam mit unseren medizinischen Ratgebern die Produktion teilweise umgestellt. So sind wir in der Lage für unsere Kunden im Handel und für die medizinischen Versorger des Landes Desinfektionsmittel nach WHO Standard herzustellen“, erklärt Andreas W. Herb, CEO der MBG Group.

Rémy Cointreau
Bild: Rémy Cointreau
Rémy Cointreau

Die zum französischen Unternehmen Rémy Cointreau gehörenden Brennereien spenden reinen Alkohol, um Händedesinfektionsmittel herstellen zu lassen. Dazu zählen nicht nur Rémy Martin und Cointreau in Frankreich, sondern auch die Bruichladdich Distillery auf der schottischen Insel Islay und die Mount Gay Distilleries auf Barbados. Die in dem Zuge entstehenden Händedesinfektionsmittel sollen an Krankenhäuser und Ärzte der jeweiligen Regionen gehen.

Brennerei Schraml
Bild: Schraml
Brennerei Schraml

Gregor Schraml, Inhaber und Geschäftsführer der Steinwald-Brennerei Schraml im bayerischen Erbendorf, hat kurzerhand entschieden, seinen Brennereibetrieb bis auf Weiteres zur Herstellung von Neutralalkohol zu nutzen, um Apotheken und Kliniken damit in die Lage zu versetzen, dringend benötigte Desinfektionsmittel zu produzieren. „Nachdem sich die Anfragen von Apotheken aus der Region und zuletzt auch von den Corona-Krisenstäben der umliegenden Landratsämter gehäuft hatten, mussten wir handeln“, berichtet Gregor Schraml. Und er ergänzt: „Für uns ist das schon ein enormer Kraftakt, denn für die Ethanol-Produktion müssen wir unsere Herstellungsprozesse und Anlagen zum Teil komplett umstellen. Aber wir bekommen das hin.“ Die ersten 1000 Liter des 80-prozentigen Ethanols sollen inzwischen ausgeliefert sein. Gregor Schraml rechnet damit, dass er zusammen mit seinem Team die Produktionsmenge in den nächsten Tagen auf etwa 400 Liter täglich hochfahren kann. „Und wir machen das so lange wie nötig“, betont er. Trotz dieser umfangreichen Notfallmaßnahmen soll der normale Brennereibetrieb weitergehen.

Semper Idem Underberg
Bild: Semper Idem Underberg
Semper Idem Underberg

Wie das deutsche Traditionsunternehmen Semper Idem Underberg in Rheinberg hinsichtlich des Mangels an Ethanol für die Desinfektionsmittel herstellende Industrie berichtet, prüfe man kontinuierlich, welche Mengen im Bestand sowie im Zulauf sind und welche davon kurzfristig abgegeben werden können. Underberg hat sich zur Aufgabe gemacht, das Gesundheitswesen im Umkreis mit Alkohol-Spenden wirksam zu unterstützen und zu helfen, dass Krankenhäuser, Altenheime, Pflegeeinrichtungen und auch Apotheken in der Region versorgungsfähig für die Bevölkerung bleiben.

William Grant & Sons
Bild: William Grant & Sons
William Grant & Sons

Mit ganzen fünf Millionen Litern hochprozentigen Alkohols wird das schottische Familienunternehmen William Grant & Sons die Produktion von Händedesinfektionsmittel unterstützen. Der Alkohol wird in den nächsten acht Wochen im Wesentlichen von der Girvan Distillery in Schottland und der Tullamore Distillery in Irland ausgeliefert. Simon Hunt, CEO bei William Grant & Sons, sagt: „Our proud teams are determined to do what they can to help at our distilleries.“

Arcus Norway
Bild: Arcus Norway
Arcus Norway

Zusätzlich zu Spirituosen wie Linie Aquavit erzeugt das norwegische Unternehmen Arcus Norway derzeit hochprozentigen Alkohol zur Verwendung in Desinfektionsmitteln. Die Mittel zur Hände- und Oberflächendesinfektion sollen vorwiegend im medizinischen Bereich eingesetzt werden. „Für uns als führendes Markenunternehmen im Bereich alkoholische Getränke in Skandinavien, ist es selbstverständlich, dass wir unseren Beitrag dazu leisten, den Kampf gegen die COVID-19-Pandemie zu unterstützen“, sagt Per Bjørkum, Group Director Communications and IR bei Arcus Norway AS.

Elephant Gin
Bild: Elephant Gin
Elephant Gin

Tessa und Robin Gerlach, Gründer von Elephant Gin, wollen aktiv den Landkreis Ludwigslust-Parchim bei der Produktion von Desinfektionsmittel unterstützen. In den letzten Wochen wurde dafür alles in die Wege geleitet, um den beim Brennen anfallenden Vor- und Nachlauf zur Herstellung von Desinfektionsmittel zu verwenden und an den Katastrophenschutz des Landkreises zu übergeben. Dieser kümmert sich um die weitere Verteilung an medizinische Fachkräfte. Robin Gerlach sagt: „Diese schwierige und noch nicht greifbare Zeit stellt alle Unternehmer vor eine große Herausforderung. Wir sind sehr froh, dass wir mit unserer Infrastruktur den Landkreis unterstützen und etwas zurückgeben können!“

Hardenberg Distillery
Bild: Spirituosen-Journal.de
Hardenberg Distillery

Das Familienunternehmen Hardenberg-Wilthen beliefert von seinen beiden Produktionsstätten – der Hardenberg Distillery im niedersächsischen Nörten-Hardenberg und der Wilthener Weinbrennerei im sächsischen Wilthen – aus die Apotheker der Region mit hochprozentigem Alkohol, um einen Beitrag gegen den Mangel an Desinfektionsmitteln zu leisten. „40.000 Liter sind bereits abgeholt“, erklärt Nicolaus Fehling, Vorstand Marketing und Vertrieb von Hardenberg-Wilthen. Zudem wird nun mit dem Hardenberg Prima Sprit auch ein 69,9-prozentiger Alkohol für jedermann angeboten. Das Neuprodukt soll als Alternative für derzeit knappe Händedesinfektionsmittel zuhause dienen und auch zum Ansetzen von Likören herhalten können.