Ein Tumbler bernsteinfarbenen Rums, eisgekühlt bei schwülem Sommerwetter- gerade die aus Zuckerrohr gewonnene Spirituose vermag kubanisches Lebensgefühl zu vermitteln wie kein anderes Getränk. Einen Hauch dieses Karibik-Flairs können sich Europäer in die heimischen Spirituosenschränke holen, indem sie aus den breiten Angeboten der Onlineshops auswählen. Egal, ob beliebte Klassiker wie Havana Club oder prämierter Edel-Rum, sicherlich ist für jeden Geschmack das Richtige dabei.
Doch gerade den praktischen Onlineshops, bei denen mit einem Klick das Gewünschte erhältlich ist, wird seit längerer Zeit durch den Zahlungsdienstleister Paypal ein Strich durch die Rechnung gemacht.
Paypal, Tochter des amerikanischen Konzerns eBay, droht seit einigen Jahren deutschen Internetshops, wie kürzlich dem Onlineshop www.Bottleworld.de , ihre Zahlungsdienstleistungen einzustellen, wenn diese weiterhin kubanische Produkte führen (v.a. betroffen sind hiervon Zigarren und Rum). Stammsitz des Unternehmens Paypal liegt in der USA, sodass sie, so die Begründung Paypals, dem amerikanischen Handels-, Finanz- und Wirtschaftsembargo gegen Kuba unterstehen.
Zusammengefasst klingt das so: ein Relikt aus Übersee, das (mit diversen Änderungen) seit den 60er Jahren besteht, hindert heutige Kunden in Europa daran, Produkte auf die ihnen genehme Art zu bestellen.
Fragwürdig ist daran so einiges. Schon aus juristischer Sicht mutet es seltsam an, dass amerikanisches Recht in Europa Anwendung finden soll. Noch vielmehr, da dieses Gesetz bereits seit Jahren auch in den USA umstritten ist. Genug Zeit ist seit der sogenannten Kuba-Krise der 60er verstrichen, um Bilanz zu ziehen und festzustellen, dass das Embargo weniger der kubanischen Regierung schadet, die es als Sündenbock nutzt, um das Volk für sich einzunehmen und sämtliche Schuld Außenstehenden zuschiebt, sondern vielmehr der Bevölkerung, die unter den harten Wirtschaftsrestriktionen zu leiden hat.
Und das hehre Ziel, das 1992 als Gesetz verankert wurde, der karibischen Insel „Demokratie zu bringen“ wurde auch über zwei Dekaden später nicht erreicht- das Handelsembargo, übrigens das am längsten andauernde der moderneren Geschichte, kann längst als gescheitert angesehen werden.
Verwunderlich, dass solch ein Gesetz in Europa gültig sein soll, noch dazu, da Paypal Europe seinen Sitz in Luxemburg und eine EU-Bankzulassung hat.
Der Schaden für die Onlineshops, wie Bottleworld.de und anderen, ist dabei von großem Umfang. Man liest von großen Rückgängen bei den Umsätzen, die teilweise bis zu 80% betragen und damit zu einer echten Existenzbedrohung anwachsen.
Auf Kompromisse will Paypal aber nicht eingehen. Die klare Forderung ist: erst, wenn sämtliche kubanische Produkte von den Internetseiten verschwinden, werden normale Geschäftsbeziehungen wieder möglich. Obwohl es fraglich ist, wie normal Geschäftsbeziehungen sind, wenn dabei Konten von monatlich teils fünfstelligen Umsätzen eingefroren werden.
Selbstverständlich bedeutet dies einen massiven Wettbewerbsverlust für Internetanbieter. Vor allem, da neben exotischerem und schwer erhältlichem Rum auch Produkte angeboten werden, die überall sonst problemfrei erhältlich sind.
„Wir haben nicht den kubanischen Rum rausgeschmissen. Wir haben Paypal rausgeschmissen.“ Solche und andere Sätze liest man als Reaktion auf Paypals unangemessenes Vorgehen, so auch ganz ähnlich bei Bottleworld.de. In der Tat stellt sich die Frage, ob für den amerikanischen Konzern außer einem gehörigen Imageverlust und möglichen Schadensersatzansprüchen viel gewonnen ist.
Die meisten Online-Anbieter, die kubanische Produkte führen, haben sich gegen die Forderungen von Paypal gestellt und sich dafür entschieden, ihren Kunden weiterhin ein breites Angebot zu bieten und deren Wahlmöglichkeiten so groß wie möglich zu halten.
Und die Kunden lohnen es ihnen, indem sie auf andere Zahlungsvarianten ausweichen und den Boykottaufrufen folgen, indem sie ihre Paypal-Konten auflösen.
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